EINE
BRETONISCHE LIEBE
Regie: Carine Tardieu
Nach ihrem Studium der Audiovisuellen Medien in Paris arbeitete Carine
Tardieu zunächst als Regieassistentin. Später schrieb sie
Drehbücher fürs Fernsehen. Nach zwei auf internationalen
Festivals mehrfach prämierten Kurzfilmen drehte sie 2007 ihren
ersten Spielfilm La Tête de maman mit Michel Leclerc als Koautor.
Für ihren zweiten Spielfilm adaptierte sie mit ihrer Drehbuchautorin
Raphaële Moussafir den Roman „Du vent ans mes mollets“.
Der Film kam 2012 in die Kinos.
Filmographie
2012 Du vent dans mes mollets
2007 La Tête de maman
2004 L’Aîné de mes sourcis (Kurzfilm)
2003 Les Baisers des autres (Kurzfilm)
INTERVIEW MIT CARINE TARDIEU
Wie kamen Sie auf die Idee
zu diesem Film?
Ich wurde dazu durch die Geschichte eines Freundes inspiriert: Beim Tod
seiner Mutter fand dieser etwa 50-jährige Bretone heraus, dass sein
Vater nicht sein Vater war. Er versuchte, mit dieser Neuigkeit klarzukommen,
und engagierte einen Detektiv, der nach einigen Monaten der Suche seinen
biologischen Vater fand, einen alten Mann, der auch in der Bretagne wohnte.
Vater und Sohn waren sich auf Anhieb sympathisch und knüpften eine
sehr starke Beziehung, ohne das Wissen des ersten Vaters.
Heute, nach diversen Wendungen in ihrem Beziehungsgeflecht, hat mein
Freund nunmehr zwei Väter. Ich fand diese Geschichte so umwerfend,
dass ihn um seine Zustimmung für die Geschichte für diesen
Film bat.
Bisher handelten Ihre Filme ausschließlich von Mütter-Töchter-Beziehungen ...
…
und es war an der Zeit für mich, zu den Vätern zu kommen. Ich
habe lange darüber nachgedacht, wie ich aus diesem Thema rauskäme.
Die Geschichte meines Freundes enthielt alle Fragen, die mich umtrieben.
Sprechen wir übers Drehbuch, das Sie mit Michel Leclerc und Raphaële
Moussafir, den Koautoren von „La Tête de Maman“ und „Du
vent dans mes mollets“, geschrieben haben.
Michel arbeitete selbst gerade über das Vater-Sohn Thema (er adaptierte „Die
ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim“ von Jonathan Coe). Er
war sofort sehr begeistert davon, wieder mit mir zusammenzuarbeiten.
Die Geschichte meines Freundes war voller Spannung, Gefühle und
Humor. Wir mussten uns davon lösen, um sie noch besser neu zu erfinden,
mussten alle möglichen Problematiken unseres Helden eruieren. So
entstehen die Figuren, die ihn umgeben und mit ihm verbunden sind, ihn
neugierig werden lassen und die alle, so oder so, auf die Fragen der
Vaterschaft oder noch allgemeiner der Elternschaft verweisen.
Bereits zum zweiten Mal war es an Raphaële Moussafir, dem Films
chon beim Schreiben eine klare Linie zu geben, insbesondere, indem sie
die Überfülle der Parallelgeschichten verringerte und die Persönlichkeit
aller Figuren verfeinerte. Ihr Einsatz hat einen guten Teil unserer Arbeit
infrage gestellt, der Schreibprozess war mitunter sehr komplex und schmerzhaft ...
Aber ich bedauere diese monatelange Arbeit nicht.
Warum entschlossen Sie sich, der Figur Erwan, die von François
Damiens gespielt wird, den Beruf des Minenentschärfers zu geben?
Schon zu Beginn des Schreibens hatte ich ein Bild im Kopf: das eines
Mannes, der tief in der Erde gräbt, etwas ausgräbt und damit
endet, eine Bombe explodieren zu lassen. Ich wollte dieser Idee damit
ein Symbol verleihen, dass das Graben in der Vergangenheit, das zu den
Anfängen zurückgehen, das Risiko birgt, explosive Geheimnisse
ans Licht zu bringen.
Außerdem hat mich diese besondere Art von Claude Sautet gezeichnet,
ein Filmemacher, den ich grenzenlos bewundere, die Menschen bei der Arbeit
zu filmen. Ich hatte besonders die Szenen auf der Baustelle bei „César
und Rosalie“ im Kopf, mit Yves Montand als Schrotthändler.
Ich liebte die Energie, die sie ausstrahlen, und ich stellte mir Erwan
als Chef einer Baustelle vor. So bahnte sich die Idee ihren Weg. Aus
Erwan einen Sprengstoffentschärfer zu machen war die Gelegenheit,
diese Metaphorik darzustellen und dabei einen faszinierenden Beruf zu
entdecken, der nur selten im Kino gezeigt wird.
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