MEIN FREMDES LAND

ÜBER DEN PROTAGONISTEN MANUEL SOSNOWSKI

Manuel Sosnowski, ein junger Mann mit einer großen Leidenschaft: Filme. Als kleiner Junge nimmt er die ersten Videos mit dem Camcorder seines Vaters auf, er spielt die Geschichte von Jurassic Park im heimischen Garten nach. Sein großer Traum: Editor werden. So führt sein Weg ihn an die Ludwigsburger Filmakademie, er studiert im Studiengang Montage / Schnitt und schließt sein Studium 2018 erfolgreich ab. Heute arbeitet er in einer Stuttgarter Postproduktionsfirma. Und er ist jeden Tag dankbar für die Möglichkeiten, die er in seinem Leben bekommen hat. Dabei hing vieles in seinem Leben vom Schicksal ab - und viel von Familie Sosnowski. Die Herzlichkeit dieser Familie hat Manuel förmlich aufgesogen. Was ihn ausmacht, ist seine ruhige, zurückhaltende Art und seine große Empathie. Je länger man ihn kennt, desto mehr versteht man, warum er – mit seiner ganz besonderen Lebensgeschichte – ist wie er ist. Obwohl Manuel von klein auf in Deutschland aufgewachsen ist, nimmt er die Dinge nicht für selbstverständlich hin. Seine Herkunft hat ihn geprägt, genau wie die Tatsache, dass er anders aussieht, eine andere Hautfarbe hat – das ist ihm als Kind, so sagt er selbst, früh bewusst geworden. Seine Lieblingsjacke mit der Aufschrift „Kein Mensch ist illegal“ ist deshalb mehr als nur ein Kleidungsstück.

FÜNF FRAGEN AN MANUEL SOSNOWSKI

1) Was bedeutet ‚Heimat‘ für Dich?
„Lange habe ich mich gefragt: Was ist Heimat und wo ist sie eigentlich? Die Reise hat mir gezeigt, dass Heimat da ist, wo man sich wohl fühlt. Heimat ist, wo meine Familie lebt und wo meine Freunde sind. Es sind die Orte, an denen man sich geborgen fühlt. Und durch die Reise habe ich eine neue Heimat gewonnen. Obwohl sie von Anfang an da war, habe ich sie jetzt erst kennenlernen dürfen.“

2) Warum hast Du Dich für diese Reise entschieden und dich von einem Filmteam begleiten lassen?
„Der Wunsch zu wissen, wer man ist und wo man herkommt, der war schon immer da. Und mit den Jahren ermutigten mich auf meinem Weg immer mehr Menschen, diese Reise nach meiner Vergangenheit in Angriff zu nehmen. Aus der Neugier und dem Wunsch nach Gewissheit wurde vor vier Jahren eine handfeste Idee, ein Dokumentarfilmkonzept. Ich war glücklich, dass ich dadurch diese schwierige Reise mit Freunden in Angriff nehmen konnte. Freunde, die mir jeden Tag Kraft gegeben haben, weiter zu gehen. Als Filmemacher und Editor denkt und nimmt man die Welt filmisch auf. Für mich war es wichtig, etwas zurück zu bringen. Vielleicht auch eine Inspiration für andere zu sein, die eine ähnliche Geschichte haben, um ihnen die Kraft zu geben, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ich glaube, es ist wichtig zu wissen, wo die eigenen Wurzeln liegen.“

3) Was war für Dich die größte Herausforderung beim Dreh?
„Die ersten zwei Drehtage waren für mich wohl die größte Herausforderung. Im Normalfall sitze ich im Schnittraum und schneide die Filme. Es war weniger die Angst, wie ich vor der Kamera agiere, als vielmehr die Ungewissheit, wie und wo genau diese Szenen dann später im Film landen werden. Ich habe „Mein fremdes Land“ nicht geschnitten, habe aber trotzdem immer darüber nachgedacht, wie der Film später aussehen könnte.“

4) Wenn Du auf die Suche nach deiner Vergangenheit zurückblickst, was hat Dich am meisten überrascht? Würdest Du die Reise wieder antreten bzw. was würdest Du jetzt anders machen?
„ Die Reise würde ich auf jeden Fall wieder machen. Sie war eine Erfahrung, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Meine neu gewonnene zweite Heimat Bolivien möchte ich in Zukunft unbedingt noch weiter kennenlernen.“

5) Was geht Dir durch den Kopf, wenn Du die Familien und Kinder aus der Ukraine siehst, die jetzt ihre Heimat verlassen müssen?
„Es macht mich unglaublich traurig was da passiert. Familien, die auf einmal entwurzelt werden. Ich kann mir nichts Schrecklicheres vorstellen. Man kann für die Menschen nur beten und hoffen, dass der Wahnsinn bald vorbei ist. Was ich während der Reise gelernt habe ist, dass Heimat kein geographischer Punkt auf der Karte ist. Heimat ist ein Gefühl, das man im Herzen trägt. Das kann niemand einem nehmen.“

REGIE- UND PRODUKTIONSNOTIZEN

Die Idee für diesen Film kam von Manuel selbst. Wir kennen ihn seit dem Studium an der Filmakademie. Tage und Nächte haben wir zusammen im Schneideraum verbracht – er als Editor, wir als Regisseure. Es liegt ihm nicht im Rampenlicht zu stehen. Manuel ist vielmehr der unfreiwillige Protagonist einer Geschichte, deren Verfilmung er möglich machen wollte. Und es gibt noch einen Grund: ihm fehlte etwas, um diese schwierige Reise wirklich anzugehen. Die Verfilmung seiner Geschichte, die Suche als Filmprojekt, das gab ihm möglicherweise erst die nötige Distanz, um sich den emotionalen Herausforderungen zu stellen. Das Projekt entstand aus Manuels Vertrauen in uns, die Geschichte angemessen und ungeschönt zu erzählen. Dabei war von Beginn an klar, dass wir den Film unabhängig in einem kleinen Team planen und umsetzen möchten: Johannes Preuss und Marius Brüning als Regisseure, Malte Schumacher als Produzent. Dafür haben wir am Ende unsere Studiums an der Filmakademie unsere gemeinsame Produktionsfirma DOKblick gegründet.

Marius Brüning, Regisseur
„Das Besondere an diesem Film ist, dass Manuel sich nach 31 Jahren zum ersten Mal intensiv mit seiner Vergangenheit beschäftigt und das im Film miterlebbar wird. Nicht immer ist es uns gelungen ihm zu entlocken, was er fühlt und denkt. Aber gerade diese Momente, in denen er nichts sagt, sind die Besonderen. Sprachlosigkeit über die eigenen Gefühle und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse, die größer nicht sein könnten – da wird spürbar, wie lange er all das verdrängt hat. Für diese Momente mussten wir Manuel manchmal lange beobachten.“

Johannes Preuss, Regisseur
„Seit biblischen Zeiten erzählen Menschen sich die Geschichte des ausgesetzten Kindes, dessen Schicksal es auf Umwegen zurück zu seinen Eltern führt. Die Bandbreite reicht von Moses über Ödipus bis zu Luke Skywalker. Diese Urgeschichte erzählt MEIN FREMDES LAND auf dokumentarische Weise in einer ganz eigenen Variation.“

Malte Schumacher, Produzent
„Für die Produktion von unserem Debütfilm MEIN FREMDES LAND haben wir als Trio gemeinsam den unabhängigen Weg gewählt und die eigene Produktionsfirma „DOKblick“ gegründet.
Eine erfolgreiche Förderung durch die MFG Baden-Württemberg und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem SWR als Koproduzenten hat uns darin bestärkt den Film als eigenständiges Projekt und in einem kleinen Team umzusetzen. So konnten wir die besten Produktionsbedingungen für uns gewährleisten.“