SCHLEIMKEIM - OTZE UND DIE DDR VON UNTEN
Regie: Jan Heck
Geboren 1991 in Balingen. Studium Motion Pictures
an der Hochschule Darmstadt, Abschluss Bachelor of Arts. Arbeit als Kameramann
und Cutter. Studium Zeitbasierte Medien in Mainz. Tätig als Regisseur
und Gitarrist in einer Punkband.
FILMOGRAHIE
2001 MOOSGRÜN, Kurzfilm
2013 DER KÖNIG DER STADT, Kurzfilm
2016 ASSIS!, Kurzfilm
2017 ÜBERS
WASSER, Kurzfilm
2022 CHAOS COMEDY CLUB, TV-Serie
2023 SCHLEIMKEIM – OTZE
UND DIE DDR VON UNTEN, Dokumentar-Spielfilm
ANMERKUNGEN DES REGISSEURS
Auf die Idee, eine Dokumentation über die DDR-Punk-Band Schleimkeim
zu drehen, kam ich, als
ich feststellte, dass über die unglaubliche Geschichte der Band weder
einen Film, einen TV-Beitrag
noch sonstiges bewegtes Bild existierte. Da ich über die Geschichte
um Otze Ehrlich und Schleimkeim
Bescheid wusste und nicht glauben konnte, dass diese noch nicht in filmischer
Weise erzählt
wurde, formte sich in meinem Kopf der Gedanke: „Dann muss ich das
machen." Der Film sollte
den Zuschauer*innen nicht nur die durchlebte Heldenreise von Otze vermitteln,
die in einer
Tragödie endete, sondern auch über den Punk in der DDR erzählen.
Vor allem sollte sie von all
jenen erzählt werden, die sie selbst erlebt hatten. Deshalb wählte
ich die Form des Dokumentarfilms
und bediente mich vor allem im Schnitt und während des Drehs an allen
Stilmitteln des Punks. Der
Film sollte laut, schnell, dreckig und bunt wirken. DIY musste es ohnehin
sein. Außerdem konnte
ich nach langer Suche wahre Schätze von Archivmaterial bergen, mit
dem ich den Schnitt
vervollständigte. So entstand in einer Arbeit von vier Jahren dieser
Dokumentarfilm, auf den ich
sehr stolz bin.
FRAGEN AN JAN HECK
Was interessiert Dich persönlich an Punk?
Mit 14 war Punk auf dem
Dorf das Beste, was mir hätte passieren können.
Punk vereinte alles mich
begeisterte: Krach, Kunst, Rebellion, bisschen Politik, Lyrik, Weisheit
und Schwachsinn. Für mich
war das damals so, als ob Punk eine Art Comic ist, der zur Wirklichkeit
wurde und das Beste, ich
konnte einfach mitmachen. Mein Aussehen veränderte sich, ich begann
sehr schnell damit, Punk-
Bands zu gründen und benehmen wollte ich mich auch nicht mehr. Punk
war für mich eine Tür, die
direkt raus aus dem spießigen Dorf führte. Videos von den Sex
Pistols, den Ramones oder auch den
Pogues haben mich fasziniert und magisch angezogen, was sie auch heute
immer noch tun. Musik
spielt in meinem Leben eine tragende Rolle, aber ich muss einfach sagen,
dass Punk in meinen
Augen das beste Musikgenre ist, das es je gegeben hat. Ich kann nicht anders,
als ein Teil dieser
Subkultur zu bleiben. Punk ist einfach das Geilste.
Welchen Stellenwert hat die Musik in Deiner Dokumentation?
Die Musik in meiner Dokumentation hat einen sehr großen Stellenwert,
da die Musik von
Schleimkeim erstens einfach nur genial ist und zweitens die Bandgeschichte
von Schleimkeim ein
sehr wichtiger Punkt in meiner Dokumentation darstellt. Schleimkeim lebt
durch die
aufgenommenen Musikstücke und diese werden im Film daher auch ausreichend
zelebriert.
Was hat sich an Deiner Sicht auf die DDR und auf Punk während der
vier
Jahre Dreh- und Produktionszeit verändert?
Meine Sicht auf Punk hat sich eigentlich nicht verändert, außer,
dass ich einen noch größeren
Respekt für die Punks aus der DDR entwickelt habe. Über die DDR
habe ich in den vier Jahren
Produktionszeit noch mal eine ganze Menge dazu gelernt und ich kann nur
sagen, dass ich hoffe,
dass es nicht noch mal zu so einem derartigen Scheißdreck kommt.
Was bedeutet Schweinestall?
Im Schweinestall auf dem Hof in Stotternheim war der erste Proberaum
von Schleimkeim
Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen, um so eine Band zu gründen.
Was sagt der Umgang mit Punk und den Punker*innen über die DDR
aus?
Die DDR war ein politisches System, welches Menschen, die nicht in das
systemtreue Weltbild
gepasst haben, auf eine absolut grausame und inhumane Weise behandelt hat.
Punk war in der DDR verboten und wurde politisch verfolgt. Wenn man in
der DDR freiwillig Punk
war, hat man sich automatisch in Gefahr begeben.
Welche Möglichkeiten bot Punk den Praktizierenden?
Die Punkbewegung bot den Jugendlichen in der DDR eine Plattform, um ihre
Unzufriedenheit mit
dem politischen System auszudrücken, ihre Individualität zu betonen
und alternative Lebensweisen
zu erforschen.
Warst Du über die Reaktionen auf den Film bei den Festivalvorführungen
erstaunt?
Ich war sehr darüber erstaunt, wie unglaublich gut der Film aufgenommen
wurde. Ich bin sehr froh
darüber, dass sich so viele Menschen immer noch für Schleimkeim
interessieren und so einen Film
sehen möchten. Wenn dann der gesamte Saal anfängt zu johlen,
in Gelächter ausbricht und an den
richtigen Stellen mucksmäuschen still ist, weiß man, dass
sich die ganze harte Arbeit gelohnt hat.
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